„Gedenkstättenarbeit“ in der Region: Die Wewelsburg bei Paderborn und das STALAG in der Senne

Die 10D der Gesamtschule Rosenhöhe erarbeitet eine kleine Schulausstellung zu Erinnerungsstätten in der Region mit Hilfe KulturScouts-Förderung

Kurz vor unserem Schulabschluss besuchten wir am 28. Mai 2015 die Wewelsburg in Büren in der Nähe von Paderborn. Diese Dreiecksburganlage wurde um 1605 im Stil der Weserrenaissance erbaut und hat natürlich eine lange Geschichte.

 

Im Rahmen unseres Projektes „Gedenkstättenarbeit“ interessierte uns die Zeit des Nationalsozialismus. Von 1933-1945 sollte unter Leitung von Heinrich Himmler eine besondere Ausbildungs- und Kultstätte der Nationalsozialsten in der Wewelsburg entstehen. Viele wissen nicht, dass dazu auch das nahegelegene KZ-Niederhausen-Wewelsburg gehörte. Von dem KZ-Gelände selbst könnt ihr heute nicht mehr viel sehen, aber die Gedenkstätte zeigt viele Zeitdokumente und Aufnahmen die helfen können, diese für uns heute fast unvorstellbaren Erlebnisse der KZ-Häftlinge wenigstens ein wenig nachzuvollziehen und die Erinnerung an sie zu bewahren.

 

Wir kamen nicht ganz unvorbereitet in der Wewelsburg an, da wir zuvor das fast in der Nachbarschaft unserer Schule gelegene Strafgefangenenlager STALAG 326 in der Senne besucht hatten. Das können wir hier nicht alles aufschreiben. Aber vielleicht habt ihr in den letzten Wochen die Ereignisse in der Presse verfolgt. Der Bundespräsident, Hr. Gauck hatte zum 70. Jahrestag des Kriegsendes diese Gedenkstätte und den sowjetischen Soldatenfriedhof besucht. Er erinnerte damit an die Leiden der ca. 300 000 dort inhaftierten Kriegsgefangenen. Vermutlich kamen in der Senne bis zu 65 000 der überwiegend sowjetischen Zwangsarbeiter ums Leben. Viele Tote in den Massengräbern dort sind bis heute namenlos.

Das Ergebnis unserer Gedenkstätte-Recherche war dann eine kleine Ausstellung in der Schule zum Aktionstag „Schule ohne Rassismus und für Courage“, aus der wir Euch hier einige Texte vorstellen möchten.

Alltag im KZ

 

Als die Gefangenen im KZ eingewiesen wurden, mussten sie Gestreifte Kleidungsstücke wie Verbrecher tragen. Diese Kleidung bot keinen Schutz vor der Kälte, weshalb viele Gefangene erfroren. Um Körperwärme zu erzeugen, wollten alle bei Pflichtversammlungen auf dem Hof in der Mitte stehen. Verletzte auf der Krankenstation versuchten sich sogar selber zu essen, wie z.B. ihre Finger, da sie am Verhungern waren und überleben wollten. Als die SS-Sanitäter dies sahen, schlugen sie den Verletzten auf die Hand. Manchmal beschlossen die SS-Männer schon vor dem Kommando, wen sie am Abend tot sehen wollten. Dieser wurde dann “fertiggemacht“. Es kam sogar vor, dass zwei Häftlinge gezwungen wurden sich zu entkleiden und sich in den Schnee zu setzen, damit sie mit dem Schnee eingepackt werden konnten. Geflohene Häftlinge, die zurück kamen bzw. wieder zurück geschickt wurden, mussten im Lager eine Art Kapelle veranstalten und vor allen sagen: „Ich bin froh, dass ich wieder da bin!“ etc.. Danach blieb ihnen nicht mehr lange Zeit zum Leben. Die ausgehungerten Gefangenen konnten eigentlich nur an Essen denken. Doch eine sehr große Rolle, abgesehen vom lebenswichtigen Essen, spielte die Tatsache, dass sie wussten, dass sie mit Freunden eingesperrt waren und zusammenhalten mussten, um zu überleben.

Özlem, Ella, Serra, Cansu

Einzelschicksale im KZ-Niederhausen nahe der Wewelsburg

Todesopfer

 

Günter Ransenberg 1926-1941

Günter Ransenberg ist im Jahre 1926 geboren und er war ein Jude.

Als er bei einer Schneeballschlacht ein vermeintlich „arisches“ Mädchen traf, lies ihr Vater, welcher SS-Obersturmführer war, ihn verhaften. Daraufhin wurde er in das KZ gebracht.

Aufgrund der Tatsache, dass er Jude war und er ein arisches Mädchen verletzte, wurde die Tat als „Rassenschande“ bezeichnet. Deshalb wurde er am 15. April 1941 im Alter von 15 erhängt.

2 Wochen später starb seine Mutter an Herzversagen und sein Vater und seine 3 jüngeren Geschwister wurden 1942 in das KZ-Auschwitz gebracht, wo sie ermordet wurden.

Jelena Kikachina

ist im Jahre 1920 in Sibirien geboren. Als sie 5 Jahre alt war, starb ihre Mutter. Nach dem Tod des Vaters wurde sie als Arbeiterin nach Paderborn geschickt. Nachdem sie sich gegen einen Kollegen wehrte, der sie sexuell genötigt hatte, wurde sie von der Gestapo verhaftet und ins KZ nahe der Wewelsburg gebracht. Im März 1943 bekam sie das Urteil erhängt zu werden.

Am Tag der Erhängung wehrte sie sich erneut und schlug den Wärter, anschließend band sie sich selbst die Schlinge um und sprang vom Podest.

In ihrer Urkunde stand jedoch, dass sie an Erstickung bei der Arbeit starb.

Tugcan, Jan, Lenny

Überlebende des KZ-Niederhausen

Ivan Baglikow

Er wird 1923 in Russland geboren. Er ist der Sohn eines einfachen Bauern. Er hat einen großen Bruder, der als Pilot im zweiten Weltkrieg kämpft, und eine jüngere Schwester. 1943 werden er und seine Schwester in das Arbeitslager in der Nähe der Wewelsburg geschickt. Sie sind fünf Tage in einem kleinen Waggon ohne Essen und Trinken unterwegs. Dort angekommen verliert Hr. Baglikow seine Schwester aus den Augen. Als er im Arbeitslager ankommt, ist er sehr nervös und hat sehr große Angst vor dem Lager. Nur mit dem Gedanken an seine Familie hält er die schlechten Bedingungen und die schwere Arbeit aus. Als die Gefangenen gerade auf dem Hof versammelt sind, muss er mit ansehen, wie ein Gefangener vor seinen Augen erschossen wird. 1945 wird er in drei verschiedene Erzbergwerke in die Nähe von Ural verlagert. Besonders schrecklich ist auch, dass er nach der Befreiung durch die Amerikaner nicht einfach nach Russland zu seiner Familie zurück konnte. Alle die in Deutschland in Arbeitslagern gearbeitet hatten, waren zu der Zeit unter Stalin Verräter der Sowjetunion. Man vertraute ihnen nicht mehr und sah es als Verrat an der Sowjetunion an, in einem deutschen Strafgefangenenlager gearbeitet zu haben. Man hätte von ihnen erwartet, sich lieber selbst umzubringen als sich ins Lager zu schicken zu lassen. Er wurde mehrfach von dem Sowjetischen Nachrichtendienst „SMERSCH“ verhört („Tod den Spionen“).

Im September 1946 sieht er zum ersten Mal seine Familie wieder. 

Joachim Escher 1915-2004

Vor dem Krieg ging er auf ein Gymnasium und wollte eigentlich das Abitur machen. Weil er Angst vor der Politik hatte floh er auf das Land und wurde Landwirt.

Als 1937 die Wehrpflicht eingeführt wurde, wurde auch er einberufen. Da er Christ war, widersprach sein Glaube dem für ihn sinnlosen Krieg mit Waffen.

Deshalb wurde er wegen Gehorsamsverweigerung verhaftet und ins Militärgefängnis gebracht. Nachdem er entlassen wurde kam er in das KZ Sachsenhausen von wo er später in das KZ Niederhagen, nahe der Wewelsburg gebracht wurde.

Dort musste er arbeiten, da dort das Motto „Arbeit macht frei“ herrschte.

Mich persönlich hat es überrascht wie die ehemaligen Häftlinge mit der Erinnerung umgehen. Ein gutes Beispiel ist, dass sie alle ihre Erinnerungen in einem Buch oder Heft niederschreiben oder Fotos und Kleidung aus dem KZ aufbewahren.

Leopold Engleitner 1905-2013

Er arbeitete als Bibelforscher. Eines Tages, als Engleitner für seine Arbeit etwas erledigen musste, wurde er von der SS (Schutzstaffel) festgenommen und kontrolliert.

Nach der Kontrolle ließ die SS ihn gehen. Allerdings wurde er als Einbrecher bezeichnet, und so bekam er einen Tritt, so dass einer seiner Hoden zertreten wurde und er später keine Kinder mehr zeugen konnte. Er wurde dazu gezwungen zu unterschreiben, dass er im Konzentrationslager seinem Glauben abschwören werde, sonst müsse er sterben. Doch Engleitner weigerte sich. Nach Kriegsende entbannte ihn die Amerikanische-Militärbehörde.

  • Engleitners Kindheit war von Hunger geprägt.
  • Er war bis auf die Knochen abgemagert.

Max Hollweg

Max Hollweg wurde am 16.05.1940 in Remscheid geboren. Jahre später wurde er, da er gegen den Nationalsozialismus demonstriert hatte, von der Gestapo festgenommen. In diesem Zeitraum hatte er Probleme mit dem Magen, die eigentlich von einem Arzt hätten begutachtet werden müssen. Aber die Gestapo hat sich nicht um seinen gesundheitlichen Zustand gekümmert. Ihm ging es tagelang nicht gut. Dann wurde er von der SS verurteilt und kam in das Konzentrationslager Niederhagen/ Wewelsburg. Max Hollweg wurde hart misshandelt bei kleinen Fehlern, die eigentlich in unseren Augen keine Fehler sind. Dann kam endlich der Tag der Befreiung und Max kam dank der Amerikaner frei.

Umut, David, Kevin, Hagen

Funktionshäftlinge

 

Das SS Kommando des KZ und Arbeitslagers Niederhagen übergab ausgewählten Häftlingen bestimmte Arbeitsfelder, z.B. das des Kochs oder des Schreibers. Diese Häftlinge bekamen dadurch Zugang zu anderen Bereichen als andere, und die SS erhoffte sich damit innerhalb der Häftlinge auch bestimmte Machtunterschiede aufzubauen. Die Einteilung in mehrere Gruppen diente also auch dazu die Einheit der Häftlinge zu durchbrechen und sie evtl. gegeneinander auf zu hetzen.

Kleinere Häftlingsgruppen waren besser zu überwachen als eine Einheit. Aufstände sollten so vermieden werden. So nutzten einige Funktionshäftlinge ihre Position dazu sich Freiräume zu verschaffen um die eigene lebensbedrohliche Situation zu verbessern. Viele nutzten ihre Position aber auch dazu den anderen Häftlingen zu helfen.

Fabio, Lars

Briefe der Häftlinge

 

Wir haben in dem ausführlichen Archiv Briefe der Gefangenen untersucht. Die Briefe wurden von der SS regelmäßig kontrolliert. Die meisten Briefe wurden an den Absender zurückgeschickt. Die Häftlinge waren gezwungen, sich in den Briefen über ihre Lage positiv auszudrücken. In den Briefen schreiben sie, dass sie sich auf die Pakete ihrer Familie freuen, dabei kamen diese die Briefe meistens gar nicht. Oft wurden die Briefe von den Schreibern aus dem Zug geworfen, in der Hoffnung, dass sie jemand findet und dem Angehörigen irgendwie weiterleitet. Außerdem wurden Briefe an den Koch oder anderes Personal gegeben, damit diese die Nachrichten heraus schmuggeln.

Lina, Sinem, Zuhal, Funda

GE Rosenhöhe Aktionstag

“Schule ohne Rassismus und Schule mit Courage”

 

mit u.a. Ausstellung „Gedenkstätten“ und Luftballon Aktion „Wünsche“

Das war unser letzter Bericht. Wir bedanken uns für Eure Aufmerksamkeit und wünschen unserer Nachfolgeklasse ebenso viele interessante und tolle Exkursionen wie wir sie machen konnten! Danke!

Eure 10 D mit Fr. Sandhaus und Hrn. Johanning